Unabhängigkeit aufbauen
Der politische Wandel bot die Möglichkeit zu freier und unabhängiger gesellschaftlicher Betätigung. 1990 wurde auf Initiative von Marek Kuchciński und einer Gruppe seiner Freunde der Przemyskie Towarzystwo Kulturalne (PTK) gegründet, der direkt an das unabhängige Kulturmilieu der 1980er Jahre anknüpfte. Kuchciński wurde Präsident des PTK, Artur Wilgucki wurde sein Vizepräsident und Zygmunt Grzesiak sein Schatzmeister. Als Ziel der Gesellschaft wurde die Förderung der Kreativität in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Politik "unabhängig von den Formen, die das öffentliche Leben monopolisieren" definiert. Die Gesellschaft pflegte die mit der Kulturstadt Strysz verbundenen Traditionen im Bereich der Kultur und Kunst. Gesellschaftspolitische Themen wurden hingegen im neu gegründeten Klub "Neuer Staat" behandelt, in dem unter anderem Jarosław Kaczyński, Janusz Onyszkiewicz und Zbigniew Romaszewski tagten.
Von großer Bedeutung war die Polnisch-Britische Bürgerkonferenz (Krasiczyn, 15.–20. September 1990), an der u.a. Roger Scruton (https://www.scruton.org/), Jacek Bartyzel, Zdzisław Najder, polnische Parlamentarier und britische Unterhausabgeordnete sowie die Konferenz „Polnische Ostpolitik. Opportunities and Threats“ (Przemyśl 1992) unter Beteiligung von u. a. Adolf Juzwenka und Grzegorz Kostrzewa-Zorbas. 1994 initiierte PTK den Wiederaufbau des Kammerorchesters Capella Premisliensis, dessen musikalische Leitung von Marek Zazula, einem langjährigen Mitarbeiter von „Strych Kulturalny“, übernommen wurde.
Im Dezember 1989 erschien die erste Ausgabe der Monatszeitschrift Spojrzenia Przemyskie (Ansichten von Przemyśl), die von PTK bis April 1993 herausgegeben wurde. Dem Redaktionsteam gehörten Marek Kuchciński sowie weitere Personen an: Ryszard Głowacki, Jan Jarosz, Józef Kurylak, Dorota Mech, Wojciech Mikuła und Artur Wilgucki. In der ersten Ausgabe des Magazins erklärten die Redakteure ihre Unabhängigkeit: "Wir wollen nicht nur unabhängig, sondern auch und vielleicht vor allem fair sein. Fair gegenüber denjenigen, denen wir unsere Existenz verdanken, d.h. dem Bürgerkomitee der Solidarität in Przemyśl, und denjenigen, die so viele Jahre lang geschuftet haben, damit wir nicht existieren konnten." Obwohl die Redaktionsmitglieder ankündigten, sich auf lokale Themen zu konzentrieren, gingen die behandelten Themen weit über den lokalen Rahmen hinaus, da sie sich auch mit nationalen und internationalen Fragen befassten, was der Zeitschrift einen meinungsbildenden Status verlieh. Die dritte Ausgabe vom Mai 1990 war im Wesentlichen den Kommunalwahlen und der Werbung für die Kandidaten des Bürgerkomitees "Solidarität" in Przemyśl gewidmet. Es scheint, dass sowohl Marek Kuchciński als auch die anderen Mitglieder des Redaktionsteams in dieser ersten Periode der Tätigkeit sehr darauf bedacht waren, eine reine Form der bürgerlichen Tätigkeit im Geiste der Verantwortung für die Entwicklung der kleinen und großen Heimat beizubehalten.
Spojrzenia Przemyskie (Ansichten von Przemysl) berichtete nicht nur über rein lokale Themen, die die Stadtverwaltung von Przemyśl betrafen, sondern auch über sehr wichtige Autoren, die sich mit internationalen, politischen und sozialen Problemen befassten. Daher ist die Anwesenheit von Persönlichkeiten wie Zbigniew Brzeziński, Roger Scruton, Krzysztof Zanussi, Jan Olszewski und Bohdan Urbankowski nicht überraschend. Die Predigten von Bischof Ignacy Tokarczuk, dem Ordinarius von Przemyśl, wurden mehrfach gedruckt. Fragen der Identität und Kultur wurden auch auf den Seiten von "Spojrzeń Przemyskie" behandelt. Auch die Berichterstattung über "Dachboden"-Veranstaltungen und die Förderung lokaler Künstler wurde nicht aufgegeben. Die letzte Doppelausgabe des Magazins (15-16) wurde für die Monate März-April 1993 veröffentlicht.
Im Jahr 1994 unterstützte die PTK bei den Kommunalwahlen die Koalition der lokalen Selbstverwaltung der Stadt Przemyśl. Mehrere Mitglieder der Gesellschaft wurden dann zu Ratsmitgliedern gewählt, darunter Marek Kuchciński und Dorota Mech-Kuchcińska.
Nachdem die Solidarische Wahlaktion die Wahlen 1997 gewonnen hatte und Jerzy Buzek Ministerpräsident wurde, begann die Arbeit an einer Reform der öffentlichen Verwaltung. Angesichts der Ankündigung, dass Prze- myśl seinen Status als Provinzstadt verlieren würde, wurden im PTK-Umfeld unter der Leitung von Marek Kuchciński konzeptionelle Arbeiten zu den Postulaten des Erhalts von Institutionen mit regionalem Charakter, die für die Entwicklung der Stadt wichtig sind, durchgeführt. Im Zusammenhang mit der geplanten Reform legten der PTK-Vorstand und der New Country Club Ministerpräsident Buzek am 8. April 1998 einen Programmentwurf über "Maßnahmen zur Erhaltung der Bedingungen für die Entwicklung von Przemyśl und der Region Przemyśl" vor. Zu den Postulaten gehörten die Beibehaltung des Sitzes des Landesdenkmalpflegers, des Zollamtes und des Grenzschutzes, die Erhebung des Nationalmuseums der Region Przemysl in den Rang einer zentralen Einrichtung, die Festlegung der Trasse der geplanten Autobahn südlich von Jaroslaw und Radymno sowie die Unterstützung bei der Errichtung einer geisteswissenschaftlichen Universität von internationalem Rang. Die damals von der PTK formulierten Hauptpostulate haben sich in unterschiedlichen Zeitperspektiven erfüllt.
Marek Kuchciński unterzeichnete als Vorsitzender der PTK am 7. Mai ein ähnliches Schreiben und richtete es an Jerzy Kropiwnicki, den Vorsitzenden des Regierungszentrums für strategische Studien. Darin begründete er unter anderem die Beibehaltung des Sitzes des PTKZ und die Erhebung des MNZP und des Arboretums und der physiographischen Abteilung in Bolestraszyce in den Rang zentraler Einrichtungen. Das gleiche Spektrum an Forderungen findet sich in der Stellungnahme des Stadtrats von Przemyśl, die maßgeblich von Marek Kuchciński als Ratsmitglied ausgearbeitet wurde.
Die Przemyśl-Kulturgesellschaft führte Ende der 1990er Jahre auch ein interessantes Projekt durch, nämlich die Gründung des Instituts für Regionalpolitik. Zu dieser Zeit bestand der Vorstand der Gesellschaft aus Marek Kuchciński - Präsident, Waldemar Wiglusz - Vizepräsident, Jan Jarosz - Sekretär, Zygmunt Grze- siak - Schatzmeister und Mateusz Pieniążek - Mitglied. Das Institut für Regionalpolitik hat aktiv mit dem Abgeordneten Adam Łoziński und dem Senator Witold Kowalski zusammengearbeitet. Sie wurde an sich als Antwort auf die Herausforderungen der Reform der öffentlichen Verwaltung gegründet. Angesichts der geplanten Verlagerung zahlreicher Kompetenzen und Ressourcen auf die lokale Ebene wurde der IPR als hervorragende Plattform für den Meinungsaustausch und die Meinungsbildung zu regionalen Fragen angesehen. Laut Marek Kuchciński sollte sich das IPR auf Programme zur politischen Bildung, zum Schutz des Kultur- und Naturerbes, zum Umweltschutz und zur Entwicklung des Fremdenverkehrs konzentrieren sowie zur Förderung der Region und zur Ausarbeitung regionaler Entwicklungsstrategien beitragen. Ein wichtiges Element dieser Aktivitäten sollte die Unterstützung des Aufbaus einer Universität mit internationalem Charakter sein. Das Institut für Regionalpolitik war daher eine weitere Initiative, die aus dem PTK-Umfeld heraus entstand. Wie Waldemar Wiglusz feststellte, "wurde die Tätigkeit der PTK praktisch eingestellt, nachdem Marek Kuchciński in die Politik eingetreten war, da es nicht möglich war, eine Führungspersönlichkeit zu finden, die die Idee weiterführen konnte".
Neben der Redaktion von "Przemyskie Spojrzeń" hat Marek Kuchciński auch aktiv an anderen Zeitschriften mitgewirkt, darunter die Wochenzeitschrift "San", "Rola Katolicka", "Nowy Państwo" und die New Yorker Zeitschrift "Nowy Dziennik". In den 1990er Jahren war er Korrespondent beim polnischen Radio Lviv sowie stellvertretender Vorsitzender und später Vorsitzender des Programmrats von Radio Rzeszów. Zu dieser Zeit war er auch stellvertretender Vorsitzender des Rzeszówer Zweigs des polnischen Journalistenverbandes.
Textauszüge aus dem Buch von Jan Draus und Dariusz Iwaneczka
"Von Przemyśl zur großen Politik. Politische Biografie von Marek Kuchcinski“
(Buch in Vorbereitung für den Druck)